#17DVK: Versicherungssteuer auf Rechtsberatung im Verband?

Neuer Gesetzesentwurf schafft keine Klarheit!

Die Versicherungssteuer hat über viele Jahrzehnte im Verbandsbereich ein Mauerblümchendasein gefristet. Hierüber waren die Verbände auch ganz glücklich, da die Versicherungssteuer mit einem Steuersatz von 19 Prozent zwar als Fall der Verkehrssteuer mit der Umsatzsteuer vergleichbar ist, jedoch im Unterschied zu dieser keinen Vorsteuerabzug kennt und damit eine Definitivbelastung darstellt, indem sie den Leistungsgegenstand der Versicherungssteuer um Prozent verteuert. Trotzdem steht immer wieder die Frage im Raum, ob Versicherungssteuer auf Rechtsberatung erhoben werden kann. Wie ist der neue Gesetzesentwurf zum Thema zu verstehen?

Inhalt des Versicherungssteuergesetzes

Besteuerungsgegenstand der Versicherungssteuer ist die Zahlung des Versicherungsentgelts aufgrund eines Versicherungsverhältnisses (§ 1 Abs. 1 Versicherungssteuergesetz – VersStG). Versicherungsentgelt ist dabei jede Gegenleistung, die für die Begründung und Durchführung eines Versicherungsverhältnisses geleistet wird, was aus § 3 Abs. 1 VersStG folgt. Das Wesen einer Versicherung im Sinne des Gesetzes besteht darin, dass der Versicherer sich verpflichtet, dem Versicherten gegen vorherige Zahlung einer Prämie beim Eintritt eines Versicherungsfalles die bei Vertragsschluss vereinbarte Leistung zu erbringen.

So weit, so gut! Was hat all dies nun mit Verbänden zu tun?

Zunächst einmal können auch Verbände Versicherer im Sinne des Versicherungssteuergesetzes sein. Es ist nämlich keine Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieses Gesetzes, ein klassisches Versicherungsunternehmen im Sinne aufsichtsrechtlicher Bestimmungen zu sein. Unter die Versicherungssteuer kann praktisch jede Unternehmung und damit auch ein Verband fallen. So hat etwa der Europäische Gerichtshof in einer Entscheidung vom 07.12.2006 (Aktenzeichen C 13/06) einen in Griechenland ansässigen Verein, der Pannenhilfe für Autofahrer organisiert, als Versicherer angesehen.

Maßgeblicher Anknüpfungspunkt ist die Frage, ob eine Versicherungsleistung zur Abdeckung eines Risikos erbracht wird. Diese muss nicht mit einer klassischen Versicherungsprämie als Geldprämie vergütet werden, indem etwa die Versicherung einen Schaden ausgleicht. Vielmehr kann Gegenstand einer Versicherung auch eine Sachleistung sein:

„Die Leistung, zu deren Erbringung im Versicherungsfall der Versicherer sich verpflichtet, braucht nicht in der Zahlung eines Geldbetrags, sondern kann auch in Beistandsleistungen entweder durch Geldzahlung oder durch Sachleistungen bestehen. (…) Diese Tätigkeit einer Beistandsleistung zugunsten von Personen, die auf Reisen oder während der Abwesenheit von ihrem Wohnsitz oder ständigen Aufenthaltsort in Schwierigkeiten geraten, besteht darin, dass gegen vorherige Zahlung einer Prämie die Verpflichtung eingegangen wird, dem Begünstigten des Beistandsvertrags unmittelbar eine Hilfe zukommen zu lassen, wenn er sich infolge eines zufälligen Ereignisses in Schwierigkeiten befindet. Eine solche Hilfe kann u. a. in Naturalleistungen bestehen, die gegebenenfalls auch durch Einsatz des eigenen Personals oder Materials des Erbringers der Leistung erbracht werden können.“ (EuGH, Urt. vom 07.12.2006 (Az. C 13/06)).

Anwendbarkeit auf Verbände

An dieser Stelle horchen nun auch die Verbände auf, da es schon in der Vergangenheit immer mal wieder zu der Frage kam, ob auch die klassische Rechtsberatung, also nicht die Übernahme einer reinen Rechtsschutzfunktion, Gegenstand der Versicherungssteuer sein kann. Die Rechtsberatung zählt zu den klassischen Aufgaben vieler Berufs- und Wirtschaftsverbände, aber auch der gemeinnützigen Organisationen wie etwa der Sozialverbände.

Die Finanzverwaltung hat sich in der Vergangenheit des Öfteren mit der Frage befasst, ob die Rechtsberatung „Versicherungsleistung“ ist und damit von der Umsatzsteuer befreit wird. Versicherungssteuer und Umsatzsteuer stehen nämlich in einem Ausschließlichkeitsverhältnis, sodass Leistungsbeziehungen, die Gegenstand der Versicherungssteuer, also dort steuerbar sein können, nach § 4 Nr. 10a UStG von der Umsatzsteuer befreit sind.

So hat etwa das Bundesfinanzministerium in einer Verfügung vom 16.07.1979 (Az. IV A 2-S 7100-14/79) die Ansicht geäußert, dass die Gewährung von Rechtsberatung im Sinne eines unmittelbaren Rechtsschutzes Gegenstand der Versicherungssteuer sein kann und damit konsequenterweise von der Umsatzsteuer befreit ist. Hieraus folgt dann aber nicht automatisch die Festsetzung einer Versicherungssteuer! Der Umsatzsteuerbefreiungstatbestand von § 4 Nr. 10a UStG greift nämlich losgelöst von der Frage, ob es dann im Nachgang tatsächlich zur Festsetzung von Versicherungssteuer kommt. Vielmehr reicht es für die Befreiung im Sinne des Umsatzsteuerrechts aus, dass theoretisch eine Anwendbarkeit des Versicherungssteuergesetzes in Betracht kommt. Dies ist nach dieser Auffassung im Rahmen der Rechtsberatung der Fall.

Eigentlich müssten schon an dieser Stelle alle Verbände unruhig werden, da die Festsetzung von Umsatzsteuer auf die Rechtsberatung, jedenfalls im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes „Rechtsberatung“, keine negativen finanziellen Konsequenzen hat, da diese über den Vorsteuererstattungsanspruch regelmäßig kom-pensiert wird. Ist die Rechtsberatung umsatzsteuerpflichtig, so ist im Rahmen dieser unternehmerischen Tätigkeit der Verband auch berechtigt, auf die Eingangsleistungen der Abteilung „Rechtsberatung“ Vorsteuer geltend zu machen.

Bei der Versicherungssteuer gibt es keine Vorsteuer, wie oben schon festgestellt wurde. Allerdings gibt es auch dort Befreiungstatbestände, so der für Verbände wichtige § 4 Nr. 7 Versicherungssteuergesetz, der derzeit folgenden Wortlaut hat:

„Von der Besteuerung ausgenommen ist die Zahlung des Versicherungsentgelts (…)

Nr. 7: für eine Vereinbarung im Sinne des § 2 Abs. 1, soweit sie die Gewährung von Rechtsschutz oder von Unterstützungen bei Streik, Aussperrung oder Maßregelung durch einen Berufsverband zum Gegenstand hat; (…).“

Nach diesem Wortlaut werden Rechtsberatungsleistungen von Tariforganisationen, also den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften, von der Versicherungssteuer befreit, was der Bundesfinanzhof schon in einer Entscheidung vom 05.08.1959 (Az. II 151/56) geprüft hat.

Keine einheitliche Lösung

Was ist jetzt aber mit Verbänden, die nicht den Arbeitgeberverbänden bzw. Gewerkschaften zuzuordnen sind? Dem Wortlaut nach greift jedenfalls für diese die obige Steuerbefreiung nicht. Hier hat jetzt der Gesetzgeber im Rahmen eines Referentenentwurfs vom 22. Oktober 2019 (Gesetz zur Modernisierung des Versicherungsteuerrechts (Versicherungsteuerrechtsmodernisierungsgesetz – VersStRModG) vor, den Steuerbefreiungstatbestand von § 4 Nr. 7 VersStG neu zu fassen. Nach diesem Gesetzentwurf wird folgender Wortlaut angestrebt:

„Von der Besteuerung ausgenommen ist die Zahlung des Versicherungsentgelts (…)

7. für eine Vereinbarung im Sinne des § 2 Absatz 1, soweit sie die Gewährung von Unterstützungen bei Arbeitskampfmaßnahmen oder Maßregelung oder soweit sie die Gewährung von Rechtsschutz durch Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern oder durch Zusammenschlüsse dieser Berufsverbände für ihre Mitglieder oder für andere Berufsverbände mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder zum Gegenstand hat. Satz 1 zweiter Halbsatz findet auch Anwendung, wenn die Gewährung von Rechtsschutz durch eine juristische Person erfolgt, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Satz 1 genannten Organisationen stehen und die ausschließlich Rechtsschutz für die Organisation und ihre Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt; (…)“.

Hilft diese Formulierung den Verbänden?

Geht man auch hier vom Wortlaut aus, so gibt es zwar Klarstellungen für Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände im Zusammenhang mit der Organisation von deren Rechtsschutz und Rechtsberatung, die jedenfalls auf Gewerkschaftsseite häufig in Kapitalgesellschaften ausgelagert sind. An keiner Stelle findet sich jedoch dem Wortlaut nach eine Ausdehnung des Gesetzes dergestalt, dass nunmehr die Rechtsberatung aller Berufs- und Wirtschaftsverbände von der Versicherungssteuer befreit ist. Ganz zu schweigen von gemeinnützigen Organisationen!

Also bliebe bei diesem Wortlaut den Verbänden nur die Chance, die konkret erbrachte Rechtsberatungsleistung gegenüber dem Mitglied nicht in den umsatzsteuerlichen Befreiungstatbestand von § 4 Nr. 10a UStG zu subsumieren und damit als umsatzsteuerbare und umsatzsteuerpflichtige Leistung zu qualifizieren. Dies wird jedoch von der Finanzverwaltung in Deutschland uneinheitlich gesehen, sodass hier keine Rechtssicherheit herrscht.

Die Verbände sollten versuchen, eine einheitliche Lösung im Rahmen einer Klarstellung des Steuerbefreiungstatbestandes von § 4 Nr. 7 Versicherungssteuergesetz zu erreichen. Jetzt ist noch Zeit dafür!

 

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