2016: Verbände wenden sich dem Mitglied zu und schreiten mit der Optimierung interner Prozesse voran
Es tut sich viel in der Verbandswelt – zum Wohle des Mitglieds. Neben der Schärfung des Profils, dem Ausbau von Netzwerken und der Interessenvertretung steht der Ausbau von Mehrwertleistungen und Dienstleistungen für die Mitglieder an oberster Stelle der To-do-Liste der befragten Verbände. Und das alles mit und in einem modernen – digitalen – Verband. Das ist das Ergebnis der alljährlichen Befragung des Verbändereport. Auch in diesem Jahr sprach der Verbändereport mit Führungskräften – insbesondere aus dem Kreis der DGVM – über die Herausforderungen in diesem Jahr und welche Themen das Verbandsjahr 2016 bestimmen werden.
Zum Wohle des Mitglieds: der Verband als Dienstleister
2016 verspricht, bewegt zu werden: Im März gibt es einen Super-Wahlsonntag: Zeitgleich finden Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz statt. In Leipzig tagt zum 100. Mal der Katholikentag. Auch der September steht im Zeichen zweier Wahlen: der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern und der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Die 58. Wahl des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika ist auf den 8. November 2016 terminiert. „Rio 2016“ lockt auf den südamerikanischen Kontinent und vielleicht schafft „Die Mannschaft“ ja auch den Sieg bei der „Euro 2016“. Und schließlich feiert das „Reinheitsgebot“ seinen 500. Geburtstag.
2016 wird politisch besonders relevant, findet Dr. Michael Engel vom Bundesverband der Deutschen Fluggesellschaften (BDF): „Das Jahr 2016 wird mit seinen zahlreichen Landtagswahlen nicht nur ein wichtiges Stimmungsbarometer für die Bundestagswahl 2017, sondern für die aktuelle Bundesregierung faktisch auch das letzte Jahr, um noch offene Punkte aus ihrer Koalitionsvereinbarung umzusetzen.“ Hier lägen politische Herausforderungen für viele Verbände.
Auch gesamtgesellschaftliche Herausforderungen machen vor den Verbänden nicht halt, wie Dr. Kai Warnecke von Haus & Grund bezeugt: „Zwei Themen werden unseren Blick auf das politische Berlin bestimmen: erstens die Integration hunderttausender Flüchtlinge in den Wohnungsmarkt und zweitens die weiteren von der Bundesregierung geplanten Mietrechtsänderungen.“ Dies ist ein Grund für die sich verstärkenden Aktivitäten der Verbände im Bereich der Interessenvertretung und des „Netzwerkens“.
Im Vergleich zu früheren Jahresbefragungen des Verbändereport fällt auf, dass es bisher immer zwei oder drei ganz klare Herausforderungen gab. Für 2016 ist das Bild differenzierter: Der Ausbau von Mehrwertleistungen und Dienstleistungen für die Mitglieder sowie eine Profilschärfung des Verbandes führen zwar die Liste der elf wichtigsten Themen an. Doch die Verstärkung der Lobbyingaktivitäten auf allen Ebenen sowie eine generelle Stärkung von Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit folgen mit nur kurzem Abstand.
Digitalisierung der Verbandsarbeit
Dabei überrascht ein wenig, dass die klassische Presse- und Kommunikationsarbeit im Vergleich zu den Vorjahren deutlich abfällt, dafür wollen doppelt so viele Verbände mehr soziale Medien in der Öffentlichkeitsarbeit einsetzen. Das sieht auch Dr. Peter Neven vom AUMA Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft so: „Für den AUMA, den Verband der Deutschen Messewirtschaft, wird im nächsten Jahr die direkte Kommunikation mit den Mitgliedern und der Fachöffentlichkeit einen Schwerpunkt bilden. Immer mehr Kanäle stehen für die mediale Kommunikation zur Verfügung.“
Doch mit sozialen Medien ist nicht nur PR-Unterstützung gemeint, sondern auch eine Digitalisierung der Prozesse. Stephan Jansen sieht den Verband Deutscher Bürgschaftsbanken e. V. (VDB) und dessen Mitglieder „sich intensiv mit der Digitalisierung beschäftigen. Sie stellt nicht nur die Wirtschaft vor große Herausforderungen, auch die Prozesse bei Bürgschaftsbanken und Mittelständischen Beteiligungsgesellschaften (MBGen) werden immer digitaler.“ Ähnlich sieht das Armin Juncker vom Verband der Deutschen Großbäckereien: „Eine große Aufgabe wird die Einführung der weiteren Digitalisierung in die Verbandswelt und in die Tätigkeit der Geschäftsstelle werden.“
So sehen es viele der befragten Führungskräfte. Doch alle eint der Eindruck, dass es sich nicht mit dem einen Twitter-Account erledigen lassen wird. Digitale Prozesse und das gelebte Selbstbild eines modernen Verbandes verlangen technische und organisatorische Entwicklungen genauso wie einen intensiven Blick auf die – auch potenziellen – Mitglieder: „Der Verband muss heute mehr denn je aktiv potenzielle Mitglieder ansprechen. Während dies auf dem klassischen Direktvertriebsweg am besten funktioniert, müssen wir beim sogenannten ‚follow up‘ und unseren Dienstleistungen hingegen deutlich stärker auf digitale Interaktion setzen. Digitalisierung auf allen Kanälen heißt hier das Stichwort“, schlägt Julius Wagner vom Hotel- und Gastronomieverband DEHOGA Hessen e.V. den Bogen. Dazu müssten Strukturen aufgebaut und einem regelmäßigen Optimierungsprozess unterworfen werden. Das sei, so Wagner, „nicht einfach, nicht günstig, am Ende aber effizient und effektiv für die Zukunftsfähigkeit von Mitglieds- und Mitmachorganisationen”.
„Leise Trend-Champions“
Eine ganz schöne Vielfalt der zu beackernden Felder, die die Führungskräfte der befragten Verbände da identifizieren. Es ist diese Breite an Herausforderungen, die auffällt in der diesjährigen Befragung.
Bei all der Zukunftsmusik gerät den befragten Verbandskapitänen nicht aus dem Auge, einmal Erreichtes auch für die Zukunft zu sichern: „In den Geschäftsstellen werden wir die Hinweise aus dem Zertifizierungsverfahren nach DGVM ZERT des DAV durch eine weitere Optimierung der Prozesse umsetzen“, damit wolle der Deutsche AnwaltVerein DAV noch zukunftsfester unterwegs sein, sagt Cord Brügmann. Die Zahl derjenigen Geschäftsführer, die über die Einführung und Zertifizierung eines Qualitätsmanagement-Systems (QM) nachdenken, steigt kontinuierlich seit drei Jahren an.
Das alles will auch finanziert werden. Und so ist, gemessen am Zuwachs, die Akquise neuer Finanzquellen und -mittel der heimliche Champion in den Trends für 2016: Die Zahl der Geschäftsführer, die sich diesem Thema widmen wollen, hat sich in nur zwei Jahren verdreifacht!
In den Worten von Markus Kessel, Bundesverband der Bilanzbuchhalter und Controller e.V. (BVBC): „Man braucht schlüssige und schlagkräftige Mehrwerte, um sich gegen die Angebote aus sozialen Netzwerken und dem Netz allgemein, die ohne eine Beitragszahlung zu erhalten sind, zu platzieren und auf diese Weise den eigenen Verband zukunftsfest aufzustellen. Nicht einfach, nicht günstig. Am Ende aber effizient und
effektiv!“
Download Artikel sowie der Statements von DGVM Verbandsmanagerinnen
und Verbandsmanager als PDF-Datei