Großes Aufsehen hat die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zur Arbeitszeit vom 13.09.2022 (Az. 1 ARB 22/21) erregt. Für die Verbandswelt ordnet Gerhard Kronisch – Anwalt für Arbeitsrecht und Vorstandsmitglied des Verbands für Fach- und Führungskräfte VFF e.V. – die aktuelle Sachlage zum heutigen Tag (14.09.2022) ein:
„Ob die Entscheidung wirklich – wie von vielen befürchtet – weitreichende Auswirkungen auf die bisher in Wirtschaft, Verwaltung und auch in Verbänden tausendfach praktizierten Vertrauensarbeitszeitmodelle bis hin zu mobiler Arbeit und Homeoffice haben kann, ist derzeit nicht vorhersehbar. Eines steht hingegen fest: Für Arbeitgeber besteht weder Handlungsdruck noch Grund zur Panik.
Nach dem deutschen Arbeitszeitgesetz müssen bisher nur Überstunden und Sonntagsarbeit dokumentiert werden, nicht die gesamte Arbeitszeit. Das ist immer noch die geltende Gesetzeslage. Daran ändert eine Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zunächst einmal nichts. Wir müssen jetzt die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Das kann ein paar Wochen dauern. Dann wird man mehr wissen.
Mein Standpunkt: Arbeitszeiterfassung bedeutet nicht zwingend Stechuhr. Auch das EuGH-Urteil vom 14.05.2019 verlangt keine elektronische Zeiterfassung. Laut EuGH sind die Arbeitgeber gehalten, ein „objektives, verlässliches und zugängliches System der Arbeitszeiterfassung“ einzuführen. Von Stechuhr oder anderen elektronischen Formen der Zeiterfassung ist da keine Rede. Selbstaufzeichnung ist auch eine Form der Arbeitszeiterfassung und meines Erachtens ausreichend. Der Arbeitgeber muss allerdings dazu anhalten und die Selbstaufzeichnungen auch stichprobenartig kontrollieren. Dann ist er auf der sicheren Seite.
Mein Fazit: Urteilsbegründung abwarten. Erst dann kann man gesicherte Aussagen machen und konkrete Empfehlungen geben.“