Dirk Günther wird beim 17. Deutschen Verbändekongress von 16.-17.03.2020 in Berlin darüber referieren, welche Möglichkeiten der Zukunfts-Antizipation Verbände haben. Wir haben uns im Interview schon jetzt mit ihm darüber unterhalten.
Viele Verbände haben eine lange Historie und blicken auf eine traditionsreiche Geschichte zurück. Warum sollten sie sich für ihre Entwicklung dennoch an einer schwer greifbaren Zukunft orientieren?
Günther: Es bleibt wichtig, sich seiner Wurzeln zu erinnern. Aber entscheidend für die weitere Entwicklung eines Verbandes ist der regelmäßige, systematische Blick in die Zukunft: Welche relevanten Trends, Rahmenbedingungen und Entwicklungen werden die mittelfristige Zukunft meiner Mitglieder bestimmen? Erst wenn ich die Antwort auf diese Fragen kenne, kann ich mich bereits heute darauf einstellen und zielgerichtet handeln.
Trotz aller Dynamik und Komplexität: Wie kann es gelingen, das zukünftige Umfeld des eigenen Verbandes schon jetzt zu antizipieren?
Günther: Ein realistisches Zukunftsbild, auf das ein Verband seine Strategien aufbauen kann, braucht Zeit und Expertise. Eine Analyse und Auswertung gesellschaftspolitisch relevanter Megatrends ist hier ebenso wichtig wie ein genauer Einblick in Markttrends, technische Innovationen und das Verhalten von uns allen als Verbraucher und Bürger, das ja durchaus auch auf veränderten Einstellungen beruht.
Welche verbandlichen Akteure sind in diesem Prozess wichtig und wie sollten diese einbezogen werden?
Günther: Es braucht natürlich Personen aus der Geschäftsstelle des Verbandes – je unterschiedlicher in Erfahrung und Tätigkeitsfeld, desto besser. Ebenso wichtig sind (Markt beobachtende) Mitarbeiter*innen der Mitglieder, die ja zunächst dichter an produkt- oder branchenbezogenen Trends sind.
Vergessen werden für solch einen Prozess zur Beschreibung einer relevanten mittelfristigen Zukunft oftmals Vertreter*innen eines gesellschaftlichen Umfelds, das vermeintlich erst mal gar nichts mit meinen Mitgliedern zu tun hat: Laden Sie sich Zukunftsforscher, Spezialisten für die Entwicklung unserer digitalen Kommunikation und Arbeitswelt oder Vertreter von Think Tanks zur Intensivierung und Verbreiterung ihrer Diskussion über Trends und Entwicklungen und ihre gesellschaftlichen Auswirkungen ein.
Welche Widerstände oder Hindernisse könnten auftreten? Wie kann diesen erfolgreich begegnet werden?
Günther: Wir fühlen uns alle am wohlsten, wenn wir in einem Umfeld arbeiten, dessen Zusammenhänge wir kennen, verstehen und die wir beherrschen. Anstehende Entwicklungen oder Veränderungen verunsichern zunächst und werden möglicherweise auch als Kritik an der persönlichen Arbeitsweise verstanden. Alle Betroffenen müssen frühzeitig in Entwicklungsprozesse eingebunden werden, um erstens in der Lage zu sein, ihre Sorgen zu benennen und zweitens selbst am Zukunftsbild mitzeichnen zu können. So entsteht Klarheit und Sicherheit über notwendig Veränderungen und die eigene Rolle.
Vielen Dank für das Gespräch!
Über Dirk Günther
Dirk Günther ist Verbandsberater und Gründer der Meilenstein! Beratungskanzlei. Zuvor war er über zehn Jahre in Führungspositionen von gemeinnützigen und Wirtschaftsverbänden tätig. Dirk Günther bloggt zu Verbandsthemen unter www.verbaende-talk.de.
Außerdem ist er immer wieder Autor im Verbändereport.